Feng Shui Form-Schule und Kompass-Schule

Die Funktionsweise zweier Schulen

Nach der Song Dynastie (960-1279 A.D.) entstanden zwei verschiedene Schulen des Feng Shui: die "Li Xing Pai" - "Formen Kraft Schule" oder "Die Form regulierende Schule" und die "Li Qi Pai" - "Struktur Qi Schule" oder "Die Qi regulierende Schule.

Li Xing Pai / Die Formschule des Feng Shui

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Abb. 1, Peter Fischer, Feng Shui Center Berlin

Die Methode der "Li Xing Pai" beruft sich auf dem Studium der "Xing Shi", zu deutsch: der topographischen Merkmale der Umgebung, die einen bestimmten Ort umgeben, z.B. Berge- und Wasserläufe.

Indem die "Xing Shi" eines Ortes in verschiedene Kategorien von Elementen eingestuft werden, kann der Feng Shui-Praktizierende die Qualität des Qi-Flusses bestimmen und den besten "Zhai" (Ort der Plazierung) bestimmen. So sind in Abb.1 als Beispiel die Fünf Planeten und die Fünf Elemente entsprechend ihrer Bergform dargestellt. Für eine detailliertere Beschreibung der Fünf Elemente lesen Sie bitte weiter untern unter "Die Fünf Planeten".

Die Formschule soll aus der Feng Shui Schule des Yang Yun-Song (874-888) aus der späten Tang-Dynastie hervorgegangen sein. Sie war in den bergigen Gebieten von Kiangsi und Anhui sehr verbreitet.

Li Qi Pai / Kompass-Schule des Feng Shui

"Li Qi Pai" oder die Kompass-Schule, basiert auf den metaphysischen Spekulationen der neokonfuzianistischen Kosmologie der Song-Zeit. Diese Schule zeichnet sich dadurch aus, dass sie, wie der Name schon andeutet, die Richtungsaspekte eines bestimmten Ortes unter der Berücksichtigung der Beziehung zwischen den Fünf Wandlungsphasen, Acht Trigrammen, Himmlischen Stämmen, Irdischen Zweigen und deren Konstellationen beurteilt.

Es wird gesagt, daß sie von Wang Ci (1030-1050) während der Song-Dynastie entwickelt wurde. Die Kompass-Schule wurde vor allem in den topographisch relativ flachen Provinzen Fukien und Chekiang unter Verwendung des "Lo Pan" (chinesischer Geomantiekompass) praktiziert.

Feng Shui: Form- und Kompass-Schule

Steven J. Bennett versteht die Kompass- und die Form-Schule in seinem Artikel "Patterns of the Sky and Earth: A Chinese Science of Applied Cosmology" (Chinese Science, March 1978) als
"den jeweils intuitiven oder analytischen Ansatz".

Nach ihm wurde der "intuitive Ansatz durch die technische Bedeutung des Wortes `Intuition´ charakterisiert. Der Praktizierende würde versuchen, die Konstellation der irdischen Einflüsse so differenziert wie möglich wahrzunehmen. Durch die Katalogisierung der Landschaftsformen und der Konfigurationen in einer bestimmten Gegend würde der Feng Shui Meister das Muster des kosmischen Energieflusses bestimmen, um so den Ort der Plazierung festzulegen (...) die Praktizierenden des "Li Qi", oder des mehr analytischen Ansatzes, waren mehr mit der abstrakten Zeit- und Raum-Qualität eines Ortes beschäftigt. Sie griffen auf die Yin-Yang Analyse und die Fünf Elemente-Theorie zurück, um eine energetische Situation Feng Shui mäßig zu bestimmen."

Generell gesagt, müssen diejenigen, die den intuitiven FengShui Ansatz vorziehen, die Fähigkeit entwickeln, mit den Objekten, die einen bestimmten Ort umgeben, zu "kommunizieren". Um das zu erreichen, stehen dem Feng Shui Praktizierenden verschiedene Übungen zur Körper- und Energiewahrnehmung, wie QiGong oder Tai Chi, zur Verfügung.

Durch sie können wir eine direkte "Einsicht" in die Qi-Muster der Umgebung und seiner Bewohner erlangen, ohne logisches Analysieren und Schlussfolgerungen als Ausweg wählen zu müssen.

Der Praktizierende der Feng Shui Form-Schule benutzt zusätzlich zu seinem intuitiven Ansatz oft auch die "Ming Kua"-Berechnungen (Ba Zhai-Schule, Anm. d. Übers.) als eine zusätzliche "induktive" Methode, die seine Beurteilung der energetischen Situation abrundet und ergänzt.

Ein analytischer Feng Shui Ansatz

...impliziert eine Untersuchung eines komplexen Ganzen, seiner Elemente und deren Verhältnis zueinander, indem das Ganze in seine Bestandteile zerlegt wird. Ein analytischer Ansatz steht damit im Gegensatz zu einem synthetischen Ansatz, bei dem die Einzelteile so kombiniert werden, daß sie ein Ganzes formen.

Wenn der Feng Shui Praktizierende der Kompass-Schule den energetischen Zustand des Ortes "liest", verbindet er zueinander in Bezug stehende Elemente mit der Hilfe eines Kompass und interpretiert sie auf der Grundlage kosmologischer Prinzipien.

Aus dieser Sicht ist die Feng Shui Kompass-Schule auf ein abstraktes System angewiesen, um eine Interpretation geben zu können.

Als Schlussfolgerung untersucht die "Li Xing Pai" oder Feng Shui Form-Schule die physische Konfiguration, in der Absicht, die optimale Entsprechung des kosmischen Modells auf Erden zu finden, während die "Li Qi Pai" oder Feng Shui Kompass-Schule die Richtungsfaktoren beurteilt, um das kosmische Modell durch abstrakte und metaphysische Konzepte zu manipulieren.

Die Trennung der beiden Feng Shui Schulen

...bedeutet nicht, dass sie entgegengesetzte und widersprüchliche Disziplinen sind, sondern betont eher die komplementären Aspekte des Feng Shui.

Heute benutzen die meisten Feng Shui Praktizierenden beide Methoden, um eine balancierte Lösung zu erreichen. Das heißt, eine Feng Shui-Situation auf der Grundlage des kosmischen Modells zu interpretieren, um eine harmonische und balancierte Beziehung zwischen den physischen Elementen und deren Benutzer im Raum-Zeit-Kontinuum zu erlangen.

Die Fünf Planeten

Die Namen der Fünf Planeten werden im Feng Shui für die Analyse der umgebenden Landformen und ihrer Beziehung zu anderen Feng Shui-Aspekten eines Wohnortes verwendet. Auf chinesisch werden die Fünf Planeten Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn wortwörtlich Wasser-Stern, Metall-Stern, Feuer-Stern, Holz-Stern und Erd-Stern genannt.

Weil die chinesische Kosmologie davon ausgeht, dass jedes Phänomen des Himmels ein Gegenstück auf der Erde hat, ist das Konzept der Fünf Planeten metaphorisch mit den Landschaftsformen verbunden. Feng Shui-Texte klassifizieren Bergformen in fünf Grundformen, die den fünf Elementen zugeordnet werden: Holz, Feuer, Wasser, Metall und Erde. Wie man aus Abb. 2 ersehen kann, hat jeder Berg eine spezifische Charakteristik.

Diese Klassifizierung verbindet die Anordnung des Berges und ihre Form mit der Theorie der gegenseitigen Hervorbringung und Zerstörung der fünf Wandlungsphasen. Ein Holz-Berg wird zum Beispiel im Osten oder Norden gut sein, aber er wird sehr ungünstig sein, wenn er im Westen steht. Der Grund dafür ist, dass das Wasser des Nordens und das Holz des Ostens in einem unterstützenden, beziehungsweise erzeugenden Verhältnis zu einem Holz-Berg stehen.
Aus dem gleichen Grund ist ein Feuer-Berg günstig, wenn er im Süden oder Osten steht, aber sehr ungünstig, wenn er im Norden steht. Eine günstige Verteilung der Berge in Beziehung zu den fünf Wandlungsphasen sehen Sie in Abb. 2 (Süden ist oben).

Feng Shui und die Fünf Elemente

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Die 5 Elemente in der Formschule des Feng Shui, Peter Fischer, Feng Shui Center Berlin

Vom Standpunkt der Fünf Wandlungsphasen in Bezug auf die Anordnung der Berge wird das Feng Shui eines Ortes als günstig eingeschätzt, wenn sich die Berge in Richtung der ursprünglichen Elemente befinden. Wasser sollte also zum Beispiel im Norden stehen, Holz im Osten, Feuer im Süden, Metall im Westen und Erde in der Mitte. Zusätzlich dazu wird der Ort nur dann als günstig erachtet, wenn die Berge in angemessener Entfernung zueinander stehen, unabhängig von ihrer gegenseitigen Beziehung nach den fünf Elementen.

Obwohl Feng Shui-Texte ihre speziellen Charakteristiken beschreiben

...ist keiner der fünf Bergarten an sich gut oder schlecht. Es ist eher so, dass ihre Anordnung um den Ort und ihre gegenseitige Beeinflussung die Energie des Ortes verändern.
Wenn zum Beispiel ein Berg im Osten die Merkmale eines Metall-Berges hat, dann ist dieser Ort ungünstig, weil Metall Holz zerstört. Auf der anderen Seite - wenn der Berg eine Metall- und Wasser-Form hat, dann wäre der Ort günstig, weil Metall Wasser und Wasser wiederum Holz erzeugt.

Auch wenn die Beziehung der Berge nach der Theorie der fünf Elemente produktiv ist, müssen die Berge in Ihrer Größe zueinander ausgewogen sein. Wenn eine Form die andere dominiert, muß die entsprechende Wandlungsphase benutzt werden, um das dominierende Element zu kontrollieren.
Sollte zum Beispiel ein Metall-Berg in einer bestimmten Richtung einen anderen Berg überwältigen, dann wäre ein Feuer-Objekt in dieser Richtung nötig um die Dominanz des Metalls zu kontrollieren, denn Feuer zerstört Metall.

Wie diese Beispiele zeigen, hat die Feng Shui-Formschule

...wesentlich mehr Möglichkeiten, eine Umgebung zu beurteilen, als nur die Betrachtung der Plazierung von Wasser in Relation zu den Bergen. Die fünf Elemente sind nur eine Möglichkeit die Formschule weiter zu differenzieren. Die Klassiker unterscheiden auf Hunderten von Seiten weitere Merkmale die auch mit der Bergform zu tun haben.

Ein weiteres Beurteilungkriterium ist z.B., ob die „Drachenader“, (die Bergrücken, die das Qi transportieren), an einer Stelle von der Landschaft unterbrochen werden. Für die Auffindung des „Xue“, oder des Austrittspunkt des Qi aus der Erde am Ende einer „Drachenader“, den wir auch in der westlichen Geomantie als „Ausatmungspunkt“ kennen, gab es sogar eigene Spezialisten.

Abschließend sollten wir also bemerken, daß es bei der Formschule zum einen darum geht, eine Landschaft gefühlsmäßig wahrzunehmen, und auf der anderen Seite darum, eine Terminologie zu finden, diese Erfahrung in Worte zu übersetzen. Es reicht aber gerade bei der Formschule nicht, einen formelhaftes Wissen stupide anzuwenden.

Gerade, was die Beurteilung von Bergformen angeht, können wir auch schon schnell erahnen, dass es eines großen Erfahrungsschatzes bedarf, um eine Bergform sicher in eines der fünf Elemente einzuordnen. Denn aus eigener Erfahrung könne wir nachvollziehen, dass es eigentlich nur Mischformen gibt. Damit wird auch klar, warum ein langfristiges praxisbezogenes Zusammenarbeiten mit einem Lehrer im Feng Shui so wichtig ist.